Sonntag, 18. November 2012

Live Classics Vol. 14

aerosmith1
AEROSMITH - Live Bootleg


AEROSMITH, das sind für die breite öffentlichkeit wohl in erster linie der extrovertierte Steven Tyler, gesang, welcher stets wie Mick Jagger´s cousin rüberkommt und in punkto outfit immer versuchte das original zu übertrumpfen, sowie sein (häufiger) songschreibpartner, der introvertierte Joe Perry, gitarre, welcher den Keith Richards gibt, zu Tyler´s Jagger. dieses rollenspiel als auch die (musikalischen) blueswurzeln von AEROSMITH führten früher oft dazu, daß sie als Rolling Stones für arme bezeichnet wurden. waren jedoch, zumindest in den 70ern, zumeist rauher wie härter unterwegs als die Stones.
Tyler´s familie hatte einen zweitwohnsitz in sunapee, new hampshire, u.s.a. und dort lernte der damals 22-jährige im sommer `70 Perry kennen, welcher mit bassist Tom Hamilton in einer truppe namens The Jam Band spielte. man verstand sich auf anhieb, beeinflußt von der British Invasion bzw. acts wie Yardbirds, The Beatles oder eben Rolling Stones wollte man gemeinsam etwas aufziehen. um bessere möglichkeiten zu haben zog man nach boston, massachusetts. Steven war anfangs am schlagzeug, holte aber dann einen alten freund, Joey Kramer, an die becken und wechselte selbst an die bühnenkante. dazu kam, als zweiter gitarrist, Ray Tabano, der schon bald durch Brad Whitford ersetzt wurde. die klassische besetzung war nun komplett. man hängte in einem kleinen haus nahe der bostoner universität ab, wo man probte, an songs bastelte und party machte. auftritte hatte man in clubs oder an highschools der näheren umgebung. man nahm jedes engagement an das sich bot, spielte sich sprichwörtlich den arsch ab. hin und wieder trat man auch in new york auf, wo sie vom management-team Steve Leber & David Krebs entdeckt und unter vertrag genommen wurden. sie verschafften den jungs 1972, ebendort, einen showcase im legendären Max´s Kansas City, bei dem Clive Davis anwesend war und sie für Columbia Records verpflichtete.
1973 erschien die erste (longplay-) frucht dieser partnerschaft in form des gleichnamigen debüts, welches jedoch beim publikum durchfiel, obwohl es (aus heutiger sicht) mit "dream on" sowie "mama kin" zwei hausgemachte klassiker enthielt. Columbia wollte den vertrag am liebsten wieder lösen. die band tourte um ihr leben, quer durch die nation und baute sich unter vollem einsatz eine treue hard rock fangemeinde auf. über die jahre spielte man sich vom eröffnungs-act bis zum headliner hoch und bestritt in weiterer folge ausverkaufte tourneen, weltweit. davor aber erschien mit "get your wings" (1974) doch noch die zweite lp und eroberte das Billboard top 100 verkaufs-ranking. ein jahr später schnupperte man mit dem hard-rock-meilenstein "toys in the attic" bereits an den top-ten. es war der ersehnte wie hart erarbeitete durchbruch. spätestens ab hier wußte der/die musikfreund/in was aus der rille kommt, wenn AEROSMITH am label steht. im mai `76 kam das noch eingängigere "rocks" in die läden und schaffte die top-3. diese platte, die vorige als auch der nachfolger "draw the line" (ende `77), wurden von Jack Douglas gewinnbringend produziert, waren millionenseller und die band nunmehr der ultimative u.s. hard rock act.
dieser aufstieg mußte erst mal verkraftet werden und dies ging am besten mit alkohol als auch drogen. vor allem Tyler & Perry schossen sich die venen wund und eroberten sich mit ihrem massiven suchtgift-mißbrauch den spitznamen Toxic Twins (abermals eine Stones-parallele, siehe Glimmer Twins). doch auch der rest der bande ließ kein zeugs ungenützt herumliegen. dies schlug sich natürlich auf die produktivität, qualität als auch das interne klima. risse im gefüge taten sich auf, die phasen zwischen den veröffentlichungen wurden länger. ein auftritt in Michael Schultz´s filmversion von "sgt. pepper´s lonely hearts club band", die von Robert Stigwood produziert wurde und seine schützlinge Bee Gees präsentierte, sorgte für ausverkauf-rufe. der soundtrack-beitrag von AEROSMITH war eine interpretation von "come together".
im selben jahr (1978) wurde als überbrückung eine in-concert dolp namens "live bootleg" eingeschoben. raubpressungen waren damals hip, von den künstlern/innen teilweise geduldet, von den plattenfirmen gehaßt. so versuchte man die piraten gelegentlich mit ihren eigenen waffen zu schlagen. betitelte legale mitschnitte als illegal und lehnte den output mitunter auch optisch an die (damals) oft billige ausstattung der schwarzpressungen an. ein beispiel dafür ist eben das hier besprochene werk, welches aus musikstücken, aufgenommen während der 77er "express-tour" sowie 78er "live bootleg tour", wie auch zwei titeln ("i ain´t got you", "mother popcorn") eines april `73 rundfunk-mittschnitts besteht.
lange rede - kurzer sinn, ich bin bereit stoff zu geben. während des nachmittags habe ich bereits belastungstests am verstärker wie den lautsprechern durchgeführt, die nadel ist sauber, der teller dreht sich - let´s rock!
die erste seite beginnt vielversprechend mit "back in the saddle" und mit der luftgitarre im anschlag galoppiere ich umgehend durch die wohnung - yippie yippie yeah, um danach zu "sweet emotion" schlangenmäßig vor der anlage hin & her zu tanzen. via "lord of the thighs" als auch "toys in the attic" spiele ich mich so richtig warm, die posen kommen wie von selbst. der zweite abschnitt beginnt mit "last child", beinhaltet diese eingängige akkordfolge, die davor schon kurz bei Ornette Coleman´s "ramblin´" auftauchte und danach durch Ian Dury´s "sex and drugs and rock and roll" unsterblich wurde. The Beatles´ "come together" ist der nächste track, den greift man mit geschlossenen augen und auch der text ist kein problem. die stehlampe muß als mikrophonständer herhalten. einzige gefahr ist, daß ich mir die lippen verbrenne und plötzlich wie eine teufels-kreuzung aus Tyler & Jagger aussehe. es folgt "walk this way", nichts hält mich mehr. in ekstase reiße ich mir den pyjama-oberteil vom leib und schmeiße ihn der zimmerpflanze um die blätter. muß mich zurückhalten, damit ich mittendrinn nicht ins laufwerk greife und zu scratchen beginne. "sick as a dog" hält den blutdruck auf hohen niveau, die schädeldecke droht wegzufliegen - hätte vielleicht den purzelbaum nicht schlagen sollen.
side three is next und auch das dritte bier muß daran glauben, um den flüssigkeitsverlust auszugleichen. ohne treibstoff kann man eben nicht vollgas geben. "dream on" zieht mich wieder ans mikrophon, schunkle im rhythmus, drehe mich um die eigene achse und brülle den refrain gegen die zimmerwand. wogegen bei "chip away the stone" sowie "sight for sore eyes" wieder lockeres riffen angesagt ist. dies erfolgt im breitbeinigen stand, nur der oberkörper wippt mit. bloß um anschließend bei "mama kin" wieder ordentlich die sau rauszulassen. apropos, mittlerweile ist mir auch die pyjamahose abhanden gekommen. jedoch keine zeit zum adjustieren, denn bei "s.o.s." werden die hände zum klatschen gebraucht. okay, ziehe mir nun etwas über. letzte seite, vorletztes bier. "i ain´t got you", schmissiger blues, im original von Clarence Carter, den einst schon u.a. die Yardbirds und kurz danach The Animals für sich entdeckten. mündet nahtlos in den James Brown klassiker "mother popcorn" - bewegungstherapie für müde knochen. als nächstes ertönt überraschend "draw the line". ist nicht auf der gatefold-sleeve angegeben und somit abermals ein seitenhieb auf die (damals) semiprofessionelle bootleg-szene. als letzter song des durchlaufs folgt "train kept a rollin´", abermals eine Yardbirds-verbindung. das ganze nimmt wieder voll fahrt auf, ein letztes aufbäumen meinerseits, tanze in Tyler-manier um den tisch. den backflip lasse ich aus um mir den notarzt-einsatz zu ersparen. die luftgitarre wird zum ausklang nochmals zu den takten von "strangers in the night" gewürgt und der zauber ist vorbei. zu den explosionen des nachklingenden feuerwerks reiße ich die letzte flasche auf.
fazit: ein ehrliches, schnörkelloses live-werk, an dem praktisch nichts herumgedoktort wurde. ehrliche handarbeit für den/die bodenständige/n haus-rocker/in. wer hierbei etwas auszusetzen hat, nächstes jahr kommt Justin Bieber - ab in die erste reihe.
im juli `79 kam es während einer aufgeheizten show in cleveland, ohio zum showdown. Joe Perry hatte die schnauze voll, schmiß alles hin. der band-weggefährte als auch gelegentliche co-writer Richie Supa schloß kurzfristig die lücke, ehe Jimmy Crespo die gitarre übernahm. ende `79 erschien "night in the ruts", konnte das erfolgslevel in etwa halten. im jahr darauf verabschiedete sich Whitford, an seine stelle trat Rick Dufay. man fabrizierte einen gemeinsamen output betitelt "rock in a hard place" (sept. `82), wobei sich der erfolg im rahmen hielt. im märz `84 reformierte sich wieder das bewährte line-up, um mit einem neuen vertrag bei Geffen Records durchzustarten. "done with mirrors" aus ende `85 war das erste resultat, doch man hatte das gefühl, da geht noch mehr. anti-sucht-therapien wurden durchgeführt, junge bands beriefen sich auf AEROSMITH, neue fans waren dazugekommen, die alten krochen wieder aus den löchern. eine zusammenarbeit mit den rappern Run DMC und deren produzent Rick Rubin brachte eine crossover-version von "walk this way" in die hitparaden als auch auf die MTV-bildschirme. man war wieder in aller munde.
der künstlerische höhepunkt des wiedervereinten fünfers erschien im september 1989 in form von "pump". wie der vorgänger "permanent vacation" (`87) als auch der kommerziell noch erfolgreichere nachfolger "get a grip" (`93), produziert von Bruce Fairbairn. infolge setzten AEROSMITH eher auf soft rock balladen marke Cher. bevor ihr damaliger vertrag noch auslief, unterzeichneten sie bereits einen noch lukrativeren bei Sony Reords, doch die folgenden tonträger sind nicht unbedingte must-haves. dieser tage erschien der aktuelle output - "music from another dimension!". ein glattes, durchgebürstetes altherren-album, welches rüberkommt, als würde es opi nochmals schaumgebremst krachen lassen. wer jedoch den pfeffer, die räudige anmache von früheren glanztaten sucht und sich einfach wieder mal ordentlich einen runterrocken möchte, der/die ist mit einem teil aus dem bewährten backkatalog besser bedient.
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in jeder hinsicht, denn vinyl kann man theoretisch auch ohne strom- oder batteriebetrieb abspielen. es würde, rein mechanisch, sogar mit dem eigenen fingernagel funktionieren. probiert das mal mit einer cd, dvd oder mp3. oder eines der genannten formate rückwärts abzuspielen und dann auch noch die teuflische botschaft verstehen. viel vergnügen!

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