Geschäftsgebaren

flood


punk sprengte einst die festsitzende kruste des musikbusiness. im windschatten dieses musikstils wurden neue strukturen geboren. dies beinhaltete unabhängige musiker/innen, labels, vertriebe, magazine, geschäfte, clubs, studios etc., sowie mitunter ehrenhafte geschäftsabwicklung. natürlich alles im weitaus kleineren rahmen als der mainstream, jedoch mit mehr engagement und (oft) aufrechter ideologie. man ging auf neue art & weise an das gesamtpaket heran - die big player würden es auch diletantismus nennen. D-I-Y, Do It Yourself, hieß infolge das leitmotiv. so gründete z.b. eine band, die ihre musik auf platte rausbringen wollte, aber keinen vertrag bekam bzw. sich einfach nicht auf die klingel-tour von der einen zur anderen firma machen wollte, einfach ein eigenes label, auf dem sie die lieder, welche in einem kleinen, billigen studio oder gar zuhause aufgenommen wurden, rausbrachte. zuweilen bestand der veröffentlichungs-katalog bloß aus ein paar 7-inches und dieser oder jener lp. mit auflösung der formation verschwand auch die plattform wieder. der vertrieb lief eigenhändig, über einen kleinen, unabhängigen distributor, durch vernetzte plattengeschäfte oder via befreundeter künstler/innen. man half sich durchaus gegenseitig aus, anstatt aus neid, habgier oder prinzip eine bunkerhaltung einzunehmen. abmachungen bezogen sich oftmals nur auf den jeweiligen release, die rechte am material verblieben beim/bei der schaffenden und der eventuelle gewinn wurde brüderlich wie schwesterlich geteilt. auch war es gebräuchlich, einen deal simpel per handschlag zu besiegeln. dies mag für viele nun so unmöglich rüberkommen, wie frieden auf erden oder anstand in der politik, doch diese art von gentle(wo)men´s aggrement im musikgeschäft gab es vor D-I-Y, als auch danach.
so verpflichtete Elektra Records boß Jack Holzman, der seine firma 1950 mit Paul Rickolt um weit weniger als 1000 usd. gründete und in späterer folge kaliber à la The Doors, The Stooges als auch Tim Buckley im repertoire hatte, folkstress Judy Collins im jahre `60 quasi von der bühne weg, per handschlag. im folgejahr erschien die debüt-lp "a maid of constant sorrow" und sie blieb Elektra (in weiterer zukunft vertraglich), daß später vom major Warner Communications gekauft wurde, bis mitte der 80er erhalten.
der (aus heutiger sicht) musikmogul David Geffen stellte seine erste plattenfirma, Asylum Records (zukünftig mit Elektra fusioniert), 1971 mit dem ex-kollegen Elliot Roberts, durch finanzielle unterstützung von Ahmet Ertegun, auf die beine. die idee dafür entwickelte sich praktisch während eines sauna-aufgusses. 1973 gelang Geffen sein erster groß-coup, er engagierte den folk-rock-poeten Bob Dylan via händedruck, der zwei alben lang hielt ("planet waves" sowie die live-do-lp "before the flood", beide `74). anschließend kehrte der meister wieder in den üppigen schoß von Columbia zurück.
1978, im rahmen der D-I-Y welle, hob manchester fernseh-präsentator Tony Wilson mit Alan Erasmus, beeindruckt von der lokalen szene, Factory Records aus der taufe. eine neue art der beziehung zwischen artists als auch company people sollte praktiziert werden. keine oder lose verträge, alle rechte bei den künstlern/innen, keine überzogenen rückforderungen bei produktionen etc. . OMD, A Certain Ratio, Joy Division oder Happy Mondays hießen die prestige-trächtigen acts, doch entweder sie verließen, ob der ungezwungenen vertragssituation, das label bei erfolg oder sie trieben es durch ausufernde aufnahmekosten in die roten zahlen. ende `92 erfolgte, wegen geldvernichtender firmenpolitik, der bankrott. auch dadurch, weil Factory keine rettenden rechte am material sowie musiker/innen hatte und letztere mit fliegenden fahnen, inklusive jede ihrer noten, zur besser situierten konkurrenz wechselnden.
gleichfalls in 1978 plazierte der musiker Daniel Miller sein neues label Mute in west london. legendär der (einstige) handshake-deal mit seinem zugpferd, dem (damals) electronic-vierer Depeche Mode, die er nach einem pub-gig ansprach. erstes (eigenes) ergebnis war die single "dreaming of me" (`81), zwei weitere folgten und schließlich die top-ten-debüt-platte "speak & spell". mittlerweile wird jeweils ein stück-für-stück-vertrag angefertigt und Mute wurde zwischenzeitlich an die EMI verhökert.
die beiden fanzine-verleger Tesco Vee & Dave Stimson starteten unter dem namen Touch & Go 1981, im sinne von D-I-Y, mit Corey Rusk, dem bassisten der hardcore-punker Necros, eine kleine plattenfirma und in weiterer folge auch einen vertrieb. zu den dort versammelten formationen gehörten u.a. Minutemen, Jesus Lizard oder auch die psychedelic-punks Butthole Surfers. als sich bei letzteren der erfolg einstellte, unterschrieben sie, wie häufig üblich, bei der potenten großfirma Capitol Records. da ohnehin nur eine mündliche vereinbarung existierte, klagten sie 1999 Touch & Go auch noch bezüglich der rechte am back-catalogue und gewannen.
1988 rief John Edward Mermis, besser bekannt als Long Gone John, seinen ein-mann-betrieb Sympathy For The Record Industry (angelehnt an den Rolling Stones kracher) ins leben. diente danach als sprungbrett für gruppen wie Hole, Rocket From The Crypt oder The White Stripes, die ihre ersten drei longplayer ebendort veröffentlichten. angeblich kam Jack White mit dieser handschlag-mentalität nie klar und war froh, als man im soge der steigenden popularität bei V2 mit brief & siegel unterschreiben konnte.
Mike Park nistete anfang der 90er in der garage seiner eltern, Asian Man Records ein. getreu dem leitmotiv keine verträge, faire abrechnung, rechte bei den künstlern/innen, hatte er, für deren ersten beiden alben, auch die new-punks Alkaline Trio im sortiment. seine philosophie hält er auch heute noch, unter mithilfe eines freundes plus seiner (Mike´s) mutter (sofern sie zeit hat), mit lokalen bands aufrecht.
es gab wie gibt noch unzählige kleinstbetriebe, welche versuchen ehrlich, fair, menschenwürdig als auch mit freude zur musik zu arbeiten. reich kann man damit kaum werden und wenn, dann nur kurzfristig. jedoch ist es möglich sich treu zu bleiben. es muß aber auch gesagt werden, daß größere partner mehr möglichkeiten sowie perspektiven bieten, aber auch die heulerei bezüglich kleingedrucktem oder knebelverträgen ermöglichen. geschenkt wird einem/r nichts.

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in jeder hinsicht, denn vinyl kann man theoretisch auch ohne strom- oder batteriebetrieb abspielen. es würde, rein mechanisch, sogar mit dem eigenen fingernagel funktionieren. probiert das mal mit einer cd, dvd oder mp3. oder eines der genannten formate rückwärts abzuspielen und dann auch noch die teuflische botschaft verstehen. viel vergnügen!

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