Anstössigkeit

vergangene woche sorgte das chinesische kulturministerium für weltweite schlagzeilen, weil es bis 15. september 100 songs, aus dem für die volksrepublik gefilterten internet, verbannt haben will. es handelt sich um solche, welche für die politische wie gesellschaftliche linie des landes bedenklich sind. betroffen sind zum großteil asiatische künstler/innen, aber, für den rest der welt interessanter, auch u.a. Beyoncé, Katy Perry, Britney Spears oder, mit sechs titeln hauptbetroffene, Lady Gaga.
jetzt werden manche sagen - gut, sollte man bei uns ebenso entfernen, und andere meinen - typisch, china, diktatur. klar, ebendort wird die zensur gerne zur "wahrung des anstands" genutzt. auch bei konzerten müssen sich die stars an die dortigen spielregeln halten. so gab es für The Rolling Stones im jahre `06 eine liste unerwünschter klassiker. im selben jahr wurde ein Jay-Z auftritt in shanghai abgesagt, nachdem man sich mit seinen texten auseinandergesetzt hatte und Bob Dylan´s heurige setlist wurde angeblich nach den wünschen der offiziellen zusammengestellt.
aber Lady Gaga´s aktuelles album "born this way" wurde auch im libanon verboten und die gleichnamige single stieß in malaysia auf unerbittliche ohren. im westen ist alles anders? nun, teilweise vielleicht, denn Lonnie Donegan´s "diggin´my potatoes" wurde beeits 1956 im angloamerikanischen radio nicht gepielt, weil es sexuelle anspielungen beinhaltete. andere zeiten? ähnliches passierte später bei Serge Gainsbourg´s duett mit Jane Birkin "je t´aime.... moi non plus", Frankie Goes To Hollywood´s "relax" sowie George Michael´s "i want your sex". generell sind auch heutzutage inhalte mit "fuck" oder ähnlichen anzüglichkeiten im tagesprogramm von englischsprachigen ländern nicht erwünscht. das geht von den Dead Kennedys mit "too drunk to fuck" über die Babyshambles und ihr "fuck forever" als auch Amy Winehouse´ "fuck me pumps" bis zu(letzt) Cee Lo Green mit "fuck you".
schwierigkeiten mit den zuständigen behörden hatten einst aber auch die "braven" Beatles. für "a day in the life" gab es im königreich wie in den staaten probleme wegen der drogenreferenz. bei "come together" stieß sich die BBC am markennamen Coca Cola, "the ballad of john and yoko" mißfiel diesseits wie jenseits des atlantiks wegen - christ + crucify - und in spanien wegen der erwähnung von gibraltar. an mehreren punkten eckte "i am the walrus" an. aber auch ihr widerpart, The Rolling Stones, trat ins fettnäpfchen. "cocksucker blues" wurde erst gar nicht veröffentlicht, "starfucker" verwandelte sich in "starbucker" und lief schließlich unter "star star" - jedoch trotzdem am äther vorbeigereicht.
der oben erwähnte bann bei schleichwerbung (siehe "come together") traf neben anderen auch Paul Simon ("kodachrome" , "me and julio down by the schoolyard") oder The Kinks bei "lola". auch hier reimte man mit Coca Cola, wandelte aber schlußendlich in Cherry Cola ab.
die Sex Pistols, stets im clinch mit (etabliertem) volk, königin & vaterland, waren ohnehin auf der abschußliste, seit sie bei Bill Grundy´s "today" show aus dem rahmen fielen. "god save the queen", veröffentlicht zum silbernen krönungsjubiläum ebendieser, wurde überhaupt zum am meisten zensuriertem lied der britischen geschichte und bezüglich der verwendung des wortes "bollocks" im lp-titel, gab es ein gerichtsverfahren, welches aber zugunsten der gruppe ausging.
auch im kriegsfall sind bei den ausführenden nationen gewisse schlager am index. allen voran The Plastic Ono Band und ihr "give peace a chance". ebenso Cat Stevens´ "peace train", Bob Marley´s "buffalo soldier" oder "ein bißchen frieden / a little peace" von Nicole. weiters war im u.k. während des nordirlandkonflikts, "give ireland back to the irish" von Wings unerwünscht plus im zuge des falklandkrieges, u.a. auch "don´t cry for me argentina".
desgleichen wird in unseren breiten manchmal über den geschmack des einzelnen entschieden. so liefs einst für Die Ärzte bezüglich "geschwisterliebe", "claudia hat `nen schäferhund" sowie "schlaflied" und gegenüber der Bolland/Hölzl komposition "jeanny (part 1)" wurde von deutschen fraueninitiativen zum boykott aufgerufen. darauf warfen vor ort erste rundfunksender den song aus dem programm, das ZDF war dabei, worauf weitere stationen den song verteufelten. nun sprang ebenso österreich auf den rollenden zug auf. immer mehr leute meldeten sich zu wort und die verkäufe explodierten. nebenbei bemerkt hatte Falco über see auch probleme mit der drogenvielfalt in "ganz wien".
man sieht die welt ist ein dorf und überall ist alles möglich. allzuweit braucht man da nicht reisen. jedoch hat sich zensur für die künstler, über umwege, manchmal auch bezahlt gemacht.
turntable - 28. Aug, 16:34