Perlentaucher Nr. 13

künstler: SAM GOPAL
album: Escalator
der in malaysia geborene SAM GOPAL lernte bereits im
zarten alter von sieben jahren tabla, diese kleine, indische
trommel, zu spielen. 1962 verschlägt es ihm als teenager
zu studienzwecken nach london, doch das gerade zu swingen
beginnende jahrzehnt geht nicht spurlos an ihm vorüber.
ende `65 / anfang `66 gründete er seine erste band, den
vierer SAM GOPAL´s DREAM. man taucht gemeinsam in
die damals voll lockere szene ein, erlangt auftritte in ange-
sagten clubs, meist im vorprogramm von (damals) neuen
protagonisten wie Soft Machine, Pink Floyd oder Jimi
Hendrix. indisch angehauchter sound war damals im
trend und dies kam SAM entgegen.
anfang `68 wird der formationsname auf SAM GOPAL
gekürzt und die besetzung bis auf den namensgeber
komplett ausgewechselt. das line-up besteht nun aus
Roger d´Elia (gitarre), Phil Duke (baß), SAM (tabla &
sonstige percussion-instrumente) sowie gitarre/gesang
Ian Willis, der später als Lemmy Kilmister karriere
machte und damals ein paar hausnummern von
GOPAL entfernt hauste.
in SAM´s studentenbude erarbeitete sowie probte man
die songs, welche im oktober + november `68 für den
longplayer "escalator" aufgenommen wurden. vom stil
her psychedelic rock, wie er zu dieser zeit, als ohnehin
jeder auf irgendeinen trip (dazu brauchte es gar kein
langes wochenende) war, angesagt gewesen ist.
würde man nun diese platte aus der innenhülle nehmen
und mit der zunge übers vinyl fahren, so hätte man diesen
geschmack von gras als auch pilzen am gaumen -
wooaaahhhh, plötzlich bekommt der körper einen schub,
als würde man in ein zeitloch gezogen, nach dem dritten
versuch ist die scheibe endlich am teller, die nadel springt
in die rille, man läßt sich in den lehnstuhl zurückfallen,
erste halluzinationen stellen sich ein, die zimmerpflanze
verwandelt sich in einen gitarrenhals aus gummi, man
möchte aufstehen und in die saiten greifen, doch die beine
versagen den dienst. dazu fährt einem, während der ersten
beiden nummern, die verzerrt jaulende, von Lemmy be-
arbeitete e-gitarre mitten durchs hirn. bei einem ohr rein
und zum anderen wieder raus. während track 3 das gefühl
vermittelt, daß alles gut wird, bringt einem der darauf
folgende beschwörend in die realität retour, welcher
man eigentlich entfliehen wollte. hier kommt der refrain
immer wieder aus dem off zurück - wie eine geißelung.
die transformation ist voll im gange, die cuts 5 & 6 wirken
abermals beruhigend, letzterer ("it´s only love") führt dazu,
daß man sich in embryostellung in den stuhl kuschelt.
doch bei "horse" steht plötzlich wieder diese fordernde
gitarre im raum, die tablas geben den rhythmus vor
und die zimmerpflanze beginnt sich wieder zu bewegen.
anschließend kriecht man auf allen vieren zum platten-
spieler um die lp umzudrehen, jetzt nur nicht aufhören.
beim nachkommenden titelsong steigert sich das tempo
sogar, die schneidende leadklampfe fährt wie eine fräse
durchs zimmer, man rutscht vom sitz, wälzt sich am
boden, bis sie ausgezerrt verendet.
zwischen den liedern gibt es immer wieder mal eine
reinigende geräuschkulisse der elemente. "angry faces"
als nächstes, wirkt beschwörend und man hat das gefühl
ein wurm, der aus einem der lautsprecher gekrochen sein
muß, würde durch die venen kriechen, von einer seite zur
anderen. spätestens bei der nächsten nummer richtet man
sich auf, lehnt sich gegen die wand und schüttelt den kopf
zur musik, die abrupt endet. danach (Donovan´s) "season
of the witch", im soge der wiedererkennung schafft man
es auf die beine, beginnt sich spastisch zu bewegen und
klatscht dabei linkisch in die hände. der mund fühlt sich
total ausgetrocknet an, als hätte einem der teppich einen
zungenkuß verpaßt. "yesterlove" tönt schleichend aus den
boxen und der raum füllt sich mit bauchtänzerinnen, ein
zufriedenes grinsen macht sich breit, man möchte mit-
tanzen, doch immer wenn man auf eine schönheit zugeht,
löst sich diese in rauch auf und aus heiterem himmel hat
man den duft von patchouli in der nase. die (nachträglich
hinzugefügte) coverversion von Willie Dixon´s "back door
man" bringt einem unsanft in die realität zurück, die er-
nüchterung tritt ein, man starrt ins leere.
ein jahr danach hatte SAM GOPAL bereits wieder eine
ganz andere besetzung, der leader selbst war die einzige
konstante, er jagte dem erfolg hinterher, doch dieser war
immer schneller. anfang der 70er gründete er Cosmosis
und bewegte sich im dunstkreis von Led Zeppelin, hatte
unterstützung von deren management und einen neuen
plattenvertrag in der tasche, doch ein schwerer motorrad-
unfall legte seine karriere für einige zeit auf eis. als er sich
wieder erholt hatte, bereiste er europa, nahm hier & dort
ein album auf, gründete die eine oder andere formation
und löste sie anschließend wegen erfolglosigkeit wieder
auf. heute lebt er in deutschland und macht immer noch
musik.
turntable - 1. Aug, 18:45